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DIE ENTDECKUNG

Antike Legenden und erste Pioniere

DER TIEFE ABGRUND

Die Eingangsdoline der „Grave“, die tiefe Schlucht der Einsturzstelle der Grotte, flößte denjenigen, die auf der nahen Feldstraße entlangliefen, seit eh und je Angst und Schrecken ein. Insbesondere bei der Abenddämmerung, wenn man außer insektenjagenden Fledermäusen, die durch die Felder flatterten, auch Dunstwolken aus dem Abgrund aufsteigen sehen konnte. Die abergläubischen Passanten glaubten darin die Seelen von Selbstmördern erkennen zu können, die im Abgrund der „Grave“ den Tod gefunden hatten, und nun vergeblich versuchten zum Himmel aufzusteigen.

Vincenzo Longo (1737-1825), Humanist und Rechtsberater aus Castellana, war vielleicht der erste Mensch, der mit einer Gruppe von gleichaltrigen jungen Männern des Ortes in die „Grave“ hinuntergestiegen war.

Die Erinnerung an diesen Abstieg wurde von verschiedenen Zeitzeugen an nachfolgende Generationen weitergegeben, häufig angereichert mit verschiedenen Einzelheiten.

Im VII. Band des Chorografischen Universallexikons Italiens, herausgegeben 1852 in Mailand, wird die historische Authentizität des Abstiegs bestätigt. Weniger als eine Meile östlich von Castellana sah ich eine kuriose Laune der Natur; ein im Volksmund „Grave“ genannter Abgrund, dessen Schlund einen Umfang von  circa 180 Handbreit, und eine Tiefe von etwa 300 Handbreit misst. Im letzten Jahrhundert stiegen einige unerschrockene Bürger Castellanas dort frühmorgens unter Verwendung von Trossen und Seilen hinab, reisten mehrere Meilen durch dunkle unterirdische Gänge und kamen erst gegen Mitternacht wieder heraus, wo ihre Verwandten und Freunde lange und ungeduldig gewartet hatten.*

* F. DE LUCA – R. MASTRIANI, Castellana, in AA.VV., Dizionario corografico del Reame di Napoli – Dizionario corografico-universale dell’Italia, Milano, 1852, Vol. VII, S. 237-238

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Vor der Entdeckung

VOLKSLEGENDEN

Die „Grave“  taucht nicht nur in Volksmärchen und mündlicher Überlieferung auf, sondern wird auch in einigen antiken Dokumenten erwähnt, die im Historischen Archiv der Gemeinde Castellana Grotte aufbewahrt werden. Diese Dokumente, gefunden vom Historiker Donato Mastromarino aus Castellana, betreffen die Bergung der Leichen einiger Unglücklicher, die in die „Grave“ gefallen oder geworfen worden waren, und liefern uns zumindest die Vornamen von Personen, die auf den Boden der Höhle vorgedrungen sein sollen.

In der ersten Urkunde vom 21. Dezember 1800 befahl der Staatsinquisitor Francesco Maria Trevisani im Namen des Königs den Verwaltern der prächtigen Universität von Castellana, die Kosten für den am selben Tag durchgeführten Abstieg in die „Grave“ zu tragen. Am nächsten Tag wurde unter anderem Bartolomeo Simone di Polignano für den ersten Abstieg in besagte “Grave” bezahlt,  und zwar zwanzig Carlini Münzen; an Tommaso di Francesco Barletta und Giuseppe Domenico Cafuori [aus Castellana] dafür, dass sie einer nach dem anderen in die “Grave”  hinabgestiegen waren, ebenfalls zwanzig Carlini Münzen.

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Im zweiten Dokument vom 19. Juni 1847 autorisierte der Intendant der Provinz den Bürgermeister von Castellana die für eine ähnliche Bergung erforderliche Summe auszuzahlen. Den Leichnam des als dement geltenden Giuseppe Macchia zu bergen betrug achtzehn Dukaten, um die notwendigen Kosten für den Transport des Toten mit einer Maschine zu decken, die dazu aus Monopoli mitgebracht worden war.*

* V. MANGHISI – P. PACE, La Grave di Castellana-Grotte tra storia e leggenda, in Umanesimo della Pietra-Riflessioni, Martina Franca, luglio 2007, S. 63-64.

Die Entdeckung

EIN EXPERTE DER HÖHLENFORSCHUNG INTERVENIERT

Im Jahr 1938 baten die Leiter des Tourismusverbandes der Provinz Bari um die Einschaltung eines erfahrenen Höhlenforschers des Italienischen Instituts für Höhlenforschung in Postojna, um eine Begutachtung der in der Gegend bereits bekannten Höhlen für eine touristische Nutzung durchzuführen.

Am 23. Januar 1938 blickte der Speläologe Franco Anelli erstmals vom Rand der Eingangsdoline in die „Grave“ hinunter, nachdem er diverse andere Höhlen der Gegend von geringerer Ausdehnung und für Forschungsbemühung ungeeignete Systeme erkundet hatte. Nachdem er in die Höhle hinuntergeklettert war, untersuchte er die Seitenwände und fand einen niedrigen Korridor, der nach wenigen Dutzenden von Metern in eine zweite, so riesige Höhle führte, dass der Lichtschein der Azetylenlampe nicht ausreichte um sie auszuleuchten*. Diese Kaverne würde später Halle der Monumente genannt werden. Nachdem er diese Neuigkeit an die Oberfläche gebracht hatte, beschloss Anelli zwei Tage später die Erkundungsarbeiten fortzuführen.

Am 25. Januar fand sich auch Vito Matarrese, ein mutiger Arbeiter aus Castellana, bereit mit ihm in die „Grave“ hinunterzusteigen. Gemeinsam setzten sie die unterbrochenen Erkundungen fort und kamen etwa 300 Meter ins System hinein, als sie am Ende eines kurzen absteigenden Tunnels, der jetzt Schlangenkorridor genannt wird, vor einem tiefen Abgrund umkehren mussten.

Zwei Monate später, im März 1938, setzten Anelli und Matarrese ihre Erkundungen fort und kamen etwa 600 Meter hinein, wo ein weiterer Abgrund im heutigen Wüstenkorridor die Erforschung erneut unterbrach.

Bei dieser Gelegenheit führte Anelli eine erste Ausmessung der Höhlen durch, die er im September desselben Jahres bei seinem dritten Besuch in Castellana abschließen würde.

Nachdem Anelli abgereist war, wurden die Erkundungen auch allein von Vito Matarrese fortgesetzt, der dafür verantwortlich zeichnet den Abgrund des Wüstenkorridors überwunden zu haben, als auch das Ende des Karsthöhlensystems erreicht zu haben; wo er 1939 die Weiße Grotte entdeckte.

*F. ANELLI, Le Grotte di Castellana hanno restituito Postumia all’Italia, in L’Automobile, Roma, 18 settembre 1949.

Text: Pino Pace, Vincenzo Manghisi

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